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Brief für GmbH-GF/-Gesellschafter des Oktober 2013


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Vorsteuervergütung: Neue Länderlisten

2.

Grunderwerbsteuer: Rohbaukauf mit anschließendem Innenausbau

3.

Zufluss von Urlaubs- und Weihnachtsgeld als Arbeitslohn bei Aufhebung der Zusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer

4.

Wann ist eine GmbH nach Eigenkapitalersatzrecht überlassungsunwürdig?

5.

Dienstwagen: 1 %-Regel trotz fehlender Privatnutzung?

6.

Keine Heilung v. Ermessensfehlern bei erstmaliger Ermessenserwägung

7.

Betriebsbedingte Kündigung trotz freien Arbeitsplatzes im Ausland?

8.

Dokumentationspflicht für Verrechnungspreise ist europarechtskonform

9.

Rechnungsabgrenzungsposten für Handy-Subventionen



1. Vorsteuervergütung: Neue Länderlisten

Kernaussage
Unternehmen, die im Ausland ansässig sind und nicht verpflichtet sind, in Deutschland Voranmeldungen abzugeben, können sich die in Deutschland gezahlte Vorsteuer gegebenenfalls vergüten lassen. Unternehmen aus Mitgliedsstaaten der EU steht dieses Recht grundsätzlich zu. Bei Unternehmen aus anderen Ländern (Drittstaaten) setzt dies jedoch voraus, dass in diesen Ländern entweder deutschen Unternehmen ein vergleichbares Recht zugestanden wird ("wie Du mir, so ich Dir") oder keine Umsatzsteuer erhoben wird.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun die Länderlisten aktualisiert, aus denen hervorgeht, welche Drittstaaten zur Vergütung der Vorsteuer in Deutschland berechtigt sind und welche nicht. Die Änderungen betreffen Kroatien, Serbien und Belize.

Konsequenz
Unternehmen aus Drittstaaten können anhand der Listen überprüfen, ob ihnen Vorsteuer in Deutschland vergütet wird. Ist dies der Fall, so muss ein entsprechender Antrag bis zum 30.6. des Folgejahres gestellt werden. Besteht mangels Gegenseitigkeit nicht die Möglichkeit, die Vorsteuer zu vergüten, kann diese nur im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend gemacht werden. Hierzu ist es aber nötig, dass das Unternehmen steuerpflichtige Umsätze in Deutschland erbringt und hierfür auch selbst Steuerschuldner ist.

2. Grunderwerbsteuer: Rohbaukauf mit anschließendem Innenausbau

Kernaussage
Für einen objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag ist es nicht erforderlich, dass das Angebot in einem einheitlichen Schriftstück zu einem einheitlichen Preis unterbreitet wird.

Sachverhalt
Die Klägerin erwarb für 524.850 EUR ein Grundstück inkl. Rohbau von einer GmbH. Die weiteren Ausbaukosten in Höhe von 180.000 EUR wurden vom Finanzamt in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer miteinbezogen, da man sich mit dem von der GmbH vorgeschlagenen Bauleitungsbüro vor Abschluss des Grundstückkaufvertrags geeinigt hatte. Das Bauleitungsbüro sei bei fast allen Rohbauprojekten der GmbH eingeschaltet worden und habe damit im Ergebnis ein bezugsfertiges Haus erstellt, was wirtschaftlich auch gewollt gewesen sei. Gegen die entsprechend erhöhte Grunderwerbsteuer von 18.369 EUR auf 24.669 EUR klagte die Klägerin.

Entscheidung
Das Finanzgericht hielt die Klage für unbegründet. Grundsätzlich wird die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer aus dem Vertrag über das Grundstück entnommen. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit dem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich die Grunderwerbsteuer auf den gesamten Erwerbsgegenstand. Dies war hier der Fall. Denn für einen objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag ist es nicht erforderlich, dass das Angebot der Veräußererseite in einem einheitlichen Schriftstück und zu einem einheitlichen Gesamtpreis unterbreitet wird. Ausreichend ist, dass die Veräußererseite das Angebot zur Bebauung des Grundstücks bis zum Abschluss des Grundstückskaufvertrags vorlegt und der Erwerber dieses Angebot im Wesentlichen auch annimmt. Auch die verschiedenen Personen auf der Veräußererseite sind unschädlich, da die GmbH und das Bauleitungsbüro hier wirtschaftlich eng verbunden waren.

Konsequenz
Die versuchte Ersparnis eines Teils der Grunderwerbsteuer ist hier misslungen. Es hat sich gezeigt, dass es darauf ankommt, ob ein objektiv sachlicher Zusammenhang gegeben ist, der anhand von Indizien bestimmt werden kann.

3. Zufluss von Urlaubs- und Weihnachtsgeld als Arbeitslohn bei Aufhebung der Zusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer

Kernproblem
Der Zufluss von Arbeitslohn wird bei einem Arbeitnehmer normalerweise durch Gutschrift auf einem Bankkonto oder Barauszahlung bewirkt. In Sonderfällen kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Arbeitgebers einen Zufluss bewirken, wenn der Arbeitnehmer auf seinen Anspruch ohne weiteres Zutun seines im Übrigen leistungsbereiten und liquiden Arbeitgebers zurückgreifen kann. Besonderheiten gibt es bei Gesellschafter-Geschäftsführern: Hier kann eine Zuflussfiktion zum Tragen kommen, wenn es der Gesellschafter aufgrund seiner beherrschenden Stellung selbst in der Hand hat, die von der Gesellschaft geschuldeten Beträge an sich auszuzahlen. In der Praxis kommt es gerade bei familiengeführten Gesellschaften vor, dass zwar Sondervergütungen vereinbart sind, diese aber tatsächlich nicht ausbezahlt werden. In einem solchen Fall hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt eine Entscheidung gefällt.

Sachverhalt
Der Gesellschafter-Geschäftsführer und seine Ehefrau, die als kaufmännische Angestellte im Unternehmen tätig war, hielten zu jeweils 50 % die Gesellschaftsanteile einer GmbH. Im Jahr 1997 vereinbarten beide mit der GmbH die Gewährung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Obwohl die Gesellschaft über genug Liquidität verfügte, wurden Zahlungen aber nur für das Jahr 1997 geleistet, nicht aber für die Jahre 1998 bis 2002. Eine bilanzielle Passivierung der Schuld unterblieb. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung ging das Finanzamt für die Streitjahre 1999 bis 2002 von einem Zufluss bei Fälligkeit aus und änderte die Einkommensteuerbescheide der Eheleute. Hiergegen klagten diese erfolgreich beim Finanzgericht. Der BFH hat sich nach der Revision des Finanzamts zum Zufluss von Arbeitslohn und der Bewirkung einer verdeckten Einlage geäußert.

Entscheidung
Der BFH verneinte den Zufluss der Vergütungen. Dagegen sprach zum einen, dass die von der Rechtsprechung geprägten Grundsätze zur Zuflussfiktion grundsätzlich nur bei beherrschenden Gesellschaftsverhältnissen anzuwenden sind. Hält ein Gesellschafter nicht mehr als 50 % der Anteile, kann eine Beherrschung nur dann unterstellt werden, wenn er mit anderen Gesellschaftern zusammenwirkt, die gleichgerichtete finanzielle Interessen verfolgen und mit denen er eine entsprechende Willensbildung in der GmbH herbeiführen kann. Allein der Umstand, dass die Gesellschafter Eheleute sind, kann eine solche Vermutung aber nicht begründen. Zudem unterstellt der Senat, dass der arbeitsvertraglich eingeräumte Anspruch konkludent aufgehoben ist; denn indem die Eheleute trotz der mehrjährigen Nichtauszahlung widerspruchslos ihre Tätigkeit fortsetzen, hätten diese ein Angebot auf Änderung des Vertrags angenommen. Mangels Fälligkeit konnte damit auch keine Zufluss begründende verdeckte Einlage bewirkt werden.

Konsequenz
Trotz der erfreulichen Entscheidung des BFH sollte ein Verzicht vor Fälligkeit schriftlich dokumentiert werden.

4. Wann ist eine GmbH nach Eigenkapitalersatzrecht überlassungsunwürdig?

Rechtslage
Nach früherem Eigenkapitalersatzrecht ist im Fall der eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung von einer Überlassungsunwürdigkeit im Zusammenhang mit der Insolvenzreife die Rede. Hierbei ist zu untersuchen, ob ein vernünftig und wirtschaftlich handelnder Dritter dazu bereit wäre, der Gesellschaft den Gegenstand zu überlassen. Für die Bestimmung der Überlassungsunwürdigkeit ist die Bonität der Gesellschaft entscheidend und nicht, ob der vereinbarte Mietzins für den Vermieter günstig ist.

Sachverhalt
Der Kläger war als alleiniger Gesellschafter über eine GmbH mittelbar an der Schuldnerin, einer weiteren GmbH, beteiligt. Er vermietete der Schuldnerin seit 1994 das ihm gehörende Betriebsgrundstück sowie bewegliches Anlagevermögen. Der Mietzins wurde von der Schuldnerin bis einschließlich April 2005 bezahlt. Im Mai 2005 geriet die Schuldnerin in Insolvenz und der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger verlangt Zahlung der rückständigen Mietzinsen bis Juni 2006. Der Beklagte fordert widerklagend die Rückzahlung der zwischen November 2004 bis April 2005 gezahlten Mietzinsen wegen eigenkapitalersetzender Nutzungsüberlassung. Der Kläger hatte in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

Entscheidung
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Überlassungsunwürdigkeit verneint. Überlassungsunwürdigkeit besteht, wenn ein Dritter einen entsprechenden Nutzungsüberlassungsvertrag über die Betriebseinrichtungen unter den gegebenen Umständen mit der Gesellschaft nicht schließen würde. Für die Bestimmung der Überlassungsunwürdigkeit ist die Bonität der Gesellschaft als Mieter oder Pächter entscheidend und nicht, ob der vereinbarte Miet- oder Pachtzins für den Vermieter oder Verpächter günstig ist, die Vermietung oder Verpachtung demnach vorteilhaft ist. Überlassungsunwürdigkeit liegt nicht vor, wenn die Gesellschaft über die Mittel verfügt oder sich diese im Kapitalmarkt verschaffen kann, um den betreffenden Gegenstand selbst zu erwerben.

Konsequenz
Die Entscheidung bezieht sich auf Altfälle, in denen das Insolvenzverfahren vor dem 23.10.2008 eröffnet worden ist. Insolvenzreife, d. h. Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung und Kredit- bzw. Überlassungsunwürdigkeit sind eigenständige Tatbestände der Krise im Sinne des Eigenkapitalersatzrechts, welches durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) entfallen ist.

5. Dienstwagen: 1 %-Regel trotz fehlender Privatnutzung?

Kernproblem
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in den letzten Monaten die Rechtsprechung zur 1 %-Regel bei der Überlassung von Firmenwagen kräftig durcheinander gewirbelt. Mittlerweile muss zwischen der Behandlung bei Arbeitnehmern (zu denen steuerlich neben den Fremdgeschäftsführern auch Gesellschafter-Geschäftsführer gehören) und den Unternehmern strikt unterschieden werden. Nach neuer Rechtsprechung hat der Unternehmer die Möglichkeit, die Privatnutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch im Status und Gebrauchswert gleichwertige Fahrzeuge des Privatvermögens zu widerlegen. Wir erinnern uns an den Rechtsanwalt, der so die 1 %-Regel bei seinem betrieblichen Sportwagen vermeiden konnte, weil er privat einen Wagen gleichen Fabrikats nutzte. Beim Arbeitnehmer kommt es jetzt nach einem neuen Urteil auf die tatsächliche Privatnutzung nicht mehr an und erschwert die Lage für den Steuerpflichtigen. Dafür kann sich das Finanzamt nicht mehr darauf berufen, dass der Beweis des ersten Anscheins immer für die Privatnutzung des Dienstwagens spricht.

Sachverhalt
Der Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH konnte nach seinem Anstellungsvertrag den Dienstwagen auch privat nutzen. Dafür versteuerte die GmbH eine monatliche Kostenpauschale für 250 km als geldwerten Vorteil. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Prüfung wurde das vom Geschäftsführer geführte Fahrtenbuch verworfen und die GmbH auf Basis der 1 %-Regel (abzüglich der bisher versteuerten Kostenpauschale) zur Lohnsteuer in Haftung genommen. Der Geschäftsführer verwies darauf, für private Fahrten nur ein Motorrad und das Auto der Lebensgefährtin genutzt zu haben. Nachdem die Berufung auf den Anscheinsbeweis nicht mehr ausreichend ist, konnte man auf die Entscheidung des BFH gespannt sein.

Entscheidung
Der BFH änderte hier seine Rechtsprechung: Allein die vom Arbeitgeber gewährte Möglichkeit der Privatnutzung des Dienstwagens führt bei einem Arbeitnehmer zu einem geldwerten Vorteil. Ob der Arbeitnehmer von der Möglichkeit Gebrauch macht, ist dafür unerheblich. Den Vorteil sieht der BFH in der Ersparnis nutzungsunabhängiger Kosten, die ohne das Vorhalten eines betriebsbereiten Fahrzeugs verausgabt werden müssten. Bei solchen Fallgestaltungen kommt es zukünftig nicht mehr darauf an, ob der Arbeitnehmer den Beweis des ersten Anscheins durch einen Gegenbeweis widerlegen kann.

Konsequenz
Will man die zuletzt positive Entwicklung beim BFH nutzen und ist eine Privatnutzung des Dienstwagens auch nicht beabsichtigt, darf der Steuerpflichtige dazu auch nicht länger befugt sein. Tut er es dann trotz Verbots und ist zugleich Gesellschafter-Geschäftsführer, liegt kein Arbeitslohn vor, sondern eine verdeckte Gewinnausschüttung. Das hat der BFH in weiteren Entscheidungen ebenso klargestellt und sich gegen die Annahme verwehrt, dass ein Privatnutzungsverbot beim Gesellschafter-Geschäftsführer nur zum Schein ausgesprochen würde.

6. Keine Heilung v. Ermessensfehlern bei erstmaliger Ermessenserwägung

Kernaussage
In einem Revisionsverfahren erstmalig angestellte Ermessenserwägungen können nicht mehr berücksichtigt werden.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin zugleich Geschäftsführerin war. Durch Geschäftsführervertrag wurde dieser eine Weihnachtsgratifikation zugesagt. Die GmbH behielt sich jedoch das Recht zum Widerruf vor. Im Oktober 2002 hat die Alleingesellschafter-Geschäftsführerin beschlossen, für das Streitjahr 2002 keine Weihnachtsgratifikation zu zahlen, was auch unterblieb. Das beklagte Finanzamt nahm die GmbH mit Haftungsbescheid wegen der auf die Weihnachtsgratifikation entfallenden Lohnsteuer, die von der GmbH nicht einbehalten worden war, in Anspruch. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Während des Revisionsverfahrens hat das Finanzamt den Haftungsbescheid unter gleichzeitigem Erlass eines neuen Bescheides zurückgenommen, da das Auswahlermessen nicht hinreichend dokumentiert war.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Für die vom Arbeitnehmer geschuldete und vom Arbeitgeber einzubehaltende Lohnsteuer kann das Finanzamt die Steuer- oder Haftungsschuld gegenüber Arbeitnehmer oder Arbeitgeber als Gesamtschuldner geltend machen. Hierbei hat es das Auswahlermessen pflichtgemäß auszuüben. Vorliegend unterblieb bei Erlass des ursprünglichen Haftungsbescheids die gebotene Ermessensausübung, denn das Finanzamt war sich dieser Verpflichtung nicht bewusst. Bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens kann das Finanzamt zwar seine Ermessenserwägungen ergänzen. Das setzt aber voraus, dass zumindest ansatzweise zuvor Ermessenserwägungen angestellt worden sind. Diese wurden aber erstmals während des Revisionsverfahrens aufgeführt.

Konsequenz
Die Rechtsfrage, ob ein dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagtes aber nicht ausgezahltes Weihnachtsgeld als zugeflossen gilt, konnte im Streitfall offen bleiben. Zu der Frage entschied der BFH jedoch in einem Parallelverfahren, dass die Grundsätze über den Zufluss von Einnahmen bei einem beherrschenden Gesellschafter nicht eingreifen, wenn die Zusage vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Sonderzuwendungen einvernehmlich aufgehoben wird.

7. Betriebsbedingte Kündigung trotz freien Arbeitsplatzes im Ausland?

Kernfrage
Will ein Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen, ist im Rahmen der Sozialauswahl angesichts des sogenannten "ultima ratio Prinzips" einer Kündigung stets zu fragen, ob nicht ein anderer gleichwertiger bzw. vergleichbarer Arbeitsplatz für den zu kündigenden Arbeitnehmer zur Verfügung steht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob dieser vergleichbare Arbeitsplatz auch im (EU)Ausland liegen könnte.

Sachverhalt
Der beklagte Arbeitgeber, der ein Zweitwerk in einem anderen Mitgliedstaat der EU unterhielt, schloss seine Produktionsstätte in Deutschland und verlagerte die Produktion ins EU-Ausland. Der in der Produktion beschäftigte Kläger machte im Rahmen seiner Kündigungsschutzklage geltend, die betriebsbedingte Kündigung sei unwirksam, weil ihm nicht wenigstens die Gelegenheit gegeben worden sei, über einen Umzug an den anderen ausländischen Standort nachzudenken; insoweit wäre eine Änderungskündigung möglich gewesen.

Entscheidung
Das BAG wies die Klage ab. Zur Begründung führten die Richter aus, dass das Kündigungsschutzgesetz alleine auf Betriebe im Inland Anwendung finde. Der Arbeitgeber hatte aber keine Möglichkeit, den Kläger in einem inländischen Betrieb weiter zu beschäftigen. Insoweit sei der Grundsatz der Änderungskündigung vor Beendigungskündigung dann nicht anzuwenden, wenn der freie Arbeitsplatz im Ausland liege. Ungeklärt ließ das BAG dabei aber die Frage, ob sich die Rechtslage dann ändere, wenn es nicht zu einer Betriebsstilllegung komme, sondern der Betrieb oder ein Teilbetrieb als Ganzes ins Ausland verlagert werden würde, also die Lage mit einem Betriebsübergang vergleichbar sei.

Konsequenz
Die Entscheidung des BAG erleichtert im internationalisierten Geschäft die Frage von Produktionsverlagerungen bei bestehenden Betriebsstätten im In- und Ausland. Abzuwarten bleibt, wie das BAG den Fall einer echten Betriebsverlagerung bei Neueröffnung einer ausländischen Betriebsstätte entscheidet.

8. Dokumentationspflicht für Verrechnungspreise ist europarechtskonform

Kernproblem
Steuerpflichtige, die Geschäftsbeziehungen mit ausländischen nahe stehenden Personen unterhalten, müssen diese Geschäftsbeziehungen nach § 90 Abs. 3 AO besonders dokumentieren. Diese Dokumentationspflichten treffen insbesondere deutsche Unternehmen, die Teil eines internationalen Konzerns sind und die mit anderen (ausländischen) Gruppenunternehmen Leistungsbeziehungen unterhalten. In einer solchen Dokumentation muss auch dargelegt werden, dass die für diese Leistungsbeziehungen vereinbarten Preise (Verrechnungspreise) einem Fremdvergleich standhalten.

Sachverhalt
Eine deutsche GmbH handelte mit den Aktien deutscher Aktiengesellschaften. Zur Unterstützung bei diesen Finanztransaktionen kaufte die GmbH bestimmte Dienstleistungen bei einer luxemburgischen AG ein, die zur selben Unternehmensgruppe gehörte. Grundlage für diese Dienstleistungen war ein im Jahr 2008 abgeschlossenes "Service Agreement" zwischen beiden Unternehmen. Für das Jahr 2008 zahlte die GmbH an die AG Gebühren in Höhe von rd. 4,7 Mio. EUR. Das Finanzamt verlangte im Rahmen einer Außenprüfung eine Verrechnungspreis-Dokumentation. Die GmbH kam dieser Aufforderung nicht nach und erhob nach erfolglosem Einspruch schließlich Klage vor dem Finanzgericht. Die GmbH berief sich in ihrer Klage u. a. auf die innerhalb der EU vertraglich garantierte Dienstleistungsfreiheit. Diese sei verletzt, da die Dokumentationspflicht an dem Umstand anknüpfe, dass es sich bei der AG um eine ausländische Gesellschaft handele. Wäre die AG hingegen eine deutsche Gesellschaft, bestände keine Dokumentationspflicht.

Entscheidung
Das Finanzgericht und schließlich auch der Bundesfinanzhof (BFH) wiesen die Klage der GmbH ab. Zwar greife § 90 Abs. 3 AO in den Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit ein, weil sie grenzüberschreitende Sachverhalte anders behandele als innerstaatliche Vorgänge. Diese Ungleichbehandlung zu Lasten grenzüberschreitender Dienstleistungen sei jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Als zwingender Grund des Allgemeininteresses sei insbesondere das Erfordernis einer wirksamen Steueraufsicht anerkannt. Und für eine wirksame Steueraufsicht seien die Dokumentationspflichten erforderlich, weil ohne sie eine Verrechnungspreisprüfung durch die Finanzverwaltung nicht möglich sei.

Konsequenz
Mit dem Urteil bestätigt der BFH, dass die in Deutschland seit 2003 geltenden Pflichten zur Erstellung einer Verrechnungspreis-Dokumentation mit dem Europarecht vereinbar sind. Unternehmen, die von der Verpflichtung betroffen sind, tun daher gut daran, diese Dokumentationen rechtzeitig zu erstellen und nicht auf die Anforderung durch die Betriebsprüfung zu warten. Ausdrücklich offen gelassen hat der BFH die Frage, ob die Interpretation der Dokumentationspflichten durch die Finanzverwaltung im Rahmen verschiedener BMF-Schreiben vom Gesetzeswortlaut gedeckt ist. Gegen im Einzelfall überzogen erscheinende Anforderungen können sich deutsche Unternehmen auch weiterhin – falls erforderlich – gerichtlich zur Wehr setzen.

9. Rechnungsabgrenzungsposten für Handy-Subventionen

Kernfrage
Wer einen neuen Mobilfunk-Dienstleistungsvertrag mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten abschließt, kann von seinem Anbieter ein Mobiltelefon, Smartphone, Tablet o. ä. zu einem deutlich reduzierten Preis erwerben. Beim Anbieter führt die Subventionierung des Gerätverkaufs regelmäßig zu einem Verlust, da der Verkaufserlös unter den Anschaffungskosten liegt. Bilanziell stellt sich dabei die Frage, ob dieser Verlust im Zeitpunkt des Verkaufs realisiert wird oder über die Laufzeit des Dienstleistungsvertrags zu verteilen ist.

Sachverhalt
Die Beteiligten stritten darüber, ob für Betriebsvermögensminderungen aus der verbilligten Abgabe von Mobiltelefonen ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) anzusetzen war. Klägerin ist eine GmbH, deren Gegenstand die Konstruktion, die Herstellung und der Betrieb eines privaten, mobilen Zellularfunknetzes ist. Im Streitjahr (1996) bot sie ihren Kunden den verbilligten Erwerb eines Mobiltelefons für den Fall an, dass diese einen Mobilfunkdienstleistungsvertrag (MFD-Vertrag) mit einer Laufzeit von mindestens 24 Monaten abschlossen oder einen bestehenden Vertrag entsprechend verlängerten. Das beklagte Finanzamt war der Auffassung, zwischen den MFD-Verträgen und den Kaufverträgen über die Mobiltelefone bestehe eine wirtschaftlich enge Verknüpfung i. S. von Vertragsbündelungen. Die durch die verbilligte Abgabe entstandene Betriebsvermögensminderung sei daher im Rahmen eines aktiven RAP periodengerecht über die Laufzeit des MFD-Vertrags abzugrenzen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und festgestellt, dass ein Mobilfunkunternehmen für die verbilligte Abgabe von Mobiltelefonen bei gleichzeitigem Abschluss von Dienstleistungsverträgen einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden hat. Die BFH-Richter plädieren dabei für eine weite Auslegung der Begriffsdefinition: So erfüllte auch die Vermögensminderung durch geldwerte Sachleistung (verbilligte Abgabe des Geräts) das Kriterium einer "Ausgabe" vor dem Bilanzstichtag. Durch die Verknüpfung mit dem 24-monatigen Dienstleistungsvertrag sei außerdem das Kriterium der "bestimmten Zeit" erfüllt.

Konsequenz
Der BFH betrachtet die beiden – formal voneinander getrennten – Verträge (Kaufvertrag, Dienstleistungsvertrag) als wirtschaftliche Einheit und gelangt auf diese Weise zu einem nachvollziehbaren und sachgerechten Ergebnis. In der Praxis dürften jedoch auch Fälle zu beobachten sein, in denen Unternehmen Geräte in der Erwartung, zukünftig Zubehör hierfür verkaufen zu können, verbilligt abgeben, ohne dass der Kunde bereits eine vertragliche Abnahmeverpflichtung eingegangen wäre. In diesem Fall dürfte die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens ausscheiden.


Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen




Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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